Marc Ribot plays solo guitar works of Frantz Casseus 2LP

Leider sauteuer, aber diese DoppelLP lohnt! Marc Ribot, der das filigran-reduzierte, aber auch das störrisch-noisige Gitarrenspiel wie kaum jemand sonst beherrscht, huldigt seinen Freund und Lehrer, den Pionier der klassischen, haitianischen Gitarrenmusik Frantz Casseus (1915–1993), ausgiebig auf Albumlänge. Viele Jahre bevor Ribot sich einen Namen als Gitarrist bei Größen wie Tom Waits, Wilson Pickett, John Zorn oder Elvis Costello machte, begann er als Teenager seinen Gitarrenuntericht bei einem engen Freund der Familie: Frantz Casseus, der 1946 von Port-au-Prince nach New York City übersiedelte, wurde angetrieben von der Hoffnung, dass er da auf den amerikanischen Jazz-Pianisten und Komponisten Fats Waller treffen würde. Sein Ziel war es, klassische haitianische Kompositionen für Sologitarre zu entwickeln, die die Tradition der europäischen Klassik mit haitianischer Folkmusik vereinte. Frantz Casseus Lieder wurden selbst Klassiker und fanden weltweit Interpreten, die seine Lieder um den Globus trugen, wie etwa »Merci bon dieu« (Harry Belafonte). Auf dem vorliegenden Album, das ursprünglich 1993 erschien, finden sich nun 19 remasterte (auf CD 22) Interpretationen von Ribot, die zwischen 1940 und 1980 von Frantz Casseus komponiert wurden. Darunter wunderbar träumerischere Einladungen, mal melancholischer, mal beschwingter, wie »Simbi«, »Rara«, »Merengue«, oder »Serenade Lointaine«. Doch auch herrlich ungestüme und wechsellaunige Kompositionen wie »Haitian Suite: Petro« erfreuen als besondere Leckerbissen das aufmerksame Ohr. Es ist ein beruhigend zeitloses Album der klassischen Gitarre mit den brandenden Wellen toxischer Meere, das sehr zu empfehlen ist. Zudem einige Lieder erstmals überhaupt aufgenommen wurden, die bisher entweder nur als Noten oder noch gar nicht veröffentlicht wurden. Hiermit kam Marc Ribot einem der letzten Wünsche seines Freundes und Lehrers nach, auch diese Kompositionen aufgenommen der Welt zu übergeben. DJ Cramér